Das Thema ETF und Steuern wirft immer wieder Fragen auf. Spätestens, wenn es zur ersten Ausschüttung kommt, musst du dich mit diesem Thema beschäftigen. Anders verhält es sich, wenn dein Geld in einen thesaurierenden ETF fließt. Denn dabei wird die Dividende automatisch wieder angelegt und es landen keine Erträge auf deinem Konto. Man könnte meinen, dann hat das Thema Steuern Zeit, bis es zur Auszahlung bzw. zum Verkauf kommt. Zukünftig wird sich das aber ändern, denn Steuern werden nicht nur auf Gewinne und Dividenden bei Ausschüttung bezahlt, sondern auch auf die Vorabpauschale. Und diese wird 2024 wieder relevant.
Vorabpauschale: Was soll das sein?
Bei ausschüttenden ETFs und Fonds müssen die Erträge mit der Abgeltungssteuer versteuert werden. Für thesaurierende ETFs gibt es die Vorabpauschale; die Anleger erhalten bei dieser Anlageform keine Ausschüttungen auf ihr Konto, die Dividenden werden sofort wieder angelegt. Der Staat möchte aber trotzdem etwas von den Erträgen abbekommen. Und da kommt die Vorabpauschale ins Spiel.
Die Vorabpauschale verfolgt das Ziel, auf thesaurierende ETFs eine Steuer zu erheben. Dafür wird eine „fiktive“ Rendite herangezogen, bevor die Wertpapiere verkauft werden. Das Ziel dieses Vorgehen ist, eine steuerliche Gleichberechtigung zwischen ausschüttenden und thesaurierenden ETFs zu schaffen.
Um die Vorabpauschale zu ermitteln, benötigt es das Fondsvolumen am Anfang und am Ende des Jahres. Ebenso wird der Basiszins herangezogen, den die Deutsche Bundesbank berechnet.
In den letzten Jahren war der Basiszins negativ, weshalb es auch keine Vorabpauschale gab (-0,05 Prozent). Erst seit 2023 ist der Basiszins mit 2,55 Prozent wieder positiv, womit thesaurierende ETFs wieder versteuert werden. Das bedeutet auch, dass im Januar 2023 noch keine Vorabpauschale erhoben wurde. Diese wird erst 2024 wieder fällig.
Die Vorabpauschale ist übrigens keine Extra-Steuer und damit auch kein Nachteil gegenüber ausschüttenden ETFs. Sie ist quasi ein Abschlag auf die Steuer, die bei einem späteren Verkauf anfällt. Jeder Cent, den du bereits mit der Vorabpauschale versteuert hast, wird dir später beim Verkauf angerechnet.
Wie wird die Vorabpauschale bei ETFs berechnet?
Die Vorabpauschale bei einem ETF wird in drei Schritten berechnet:
Schritt 1: Im ersten Schritt erfolgt die Renditenermittlung. Dafür zieht man den Wert der Anteile vom Jahresanfang vom Wert der Anteile am Jahresende ab.
Schritt 2: Dann wird der Basisertrag ermittelt, in dem 70 Prozent des Basiszinssatzes mit dem Fondswert am Jahresanfang multipliziert werden.
Fondswert zum 01. Januar des Jahres x Basiszins x 0,7
Schritt 3: Im letzten Schritt werden die Werte verglichen. Ist der Basisertrag kleiner als die erzielte Rendite, ist dieser mit der Abgeltungssteuer zu versteuern. Ist er allerdings höher, wird die tatsächliche Rendite versteuert. Der Basisertrag entspricht also sozusagen dem maximalen Betrag, der für die Berechnung der Steuer herangezogen wird.
Die Depotbank schaut sich also die Wertentwicklung deines ETFs im Laufe eines Jahres an. Mit dem Basiszins der Bundesbank wird dann die Vorabpauschale bestimmt und auf diese Summe fallen Steuern an. Doch keine Sorge, Steuern zahlst du auf den Betrag, der auch erwirtschaftet wurde. Ist der Fondswert deines ETF gesunken und es wurden keine Dividenden ausgeschüttet, wird auch die Vorabpauschale nicht besteuert.
Ein Beispiel:
Am 01. Januar des Jahres hat dein ETF einen Wert von 20.000 Euro. Für die Vorabpauschale rechnen wir jetzt 20.000 Euro x Basiszins 2,55 Prozent x 0,7. Daraus ergibt sich ein Basisertrag von 357 Euro. Dieser Wert ist deine Vorabpauschale, wenn dein ETF zugelegt hat und Dividenden erwirtschaftet wurden. Also wenn er bspw. am Jahresende bei 20.500 Euro steht. Hast du allerdings weniger Wertsteigerung als 357 Euro gemacht und liegt dein ETF z. B. bei 20.200 Euro, werden auch nur die 200 Euro tatsächliche Rendite als Vorabpauschale herangezogen. Solltest du wiederum Verluste gemacht haben und Ende des Jahres nur noch 19.500 Euro Fondswert haben, fällt die Steuer weg.
Grundsätzlich musst du die Vorabpauschale nicht selbst berechnen. Zumindest ein deutscher Depotanbieter erledigt das für dich und führt auch die Steuern an das Finanzamt ab.
Allerdings ist es gut zu verstehen, wie die Vorabpauschale dein ETF bestimmt.
Wie viel Steuern muss ich nun zahlen?
Aktien-ETFs sind zu 30 Prozent steuerfrei – das heißt, du musst nur 70 Prozent versteuern. Auf diesen Betrag fällt die Abgeltungssteuer von 26,375 Prozent inkl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an.
Angenommen, es wird eine Vorabpauschale von 100 Euro errechnet. Da 30 Prozent steuerfrei sind, fällt die Abgeltungssteuer auf 70 Euro an. Für Anleger, die nicht in der Kirche sind, bedeutet das eine Steuerlast von 26,375 Prozent. Das entspricht 18,45 Euro Abgeltungssteuer.
Und dann gibt es noch den Sparerpauschbetrag …
Jeder Person steht für Kapitaleinkünfte ein Steuerfreibetrag von 1.000 Euro im Jahr zu. Zusammenveranlagte Eheleute haben den doppelten Betrag, also 2.000 Euro. Mit einem Freistellungsauftrag kannst du dir den Sparerpauschbetrag sichern. Und dieser deckt die Steuern aus unserem Beispiel komplett ab. Hast du es versäumt, einen Freistellungsauftrag einzurichten, kannst du dir deine Steuern später über die Steuererklärung zurückholen.
Steuerstundung für thesaurierende ETFs entfällt ab 2024
Thesaurierende ETFs haben bisher den Vorteil einer Steuerstundung geboten – also das Hinauszögern der Steuerzahlung. Dieser Vorteil griff aber nur so lange, wie der Basiszins im Negativbereich lag. Da dieser 2023 in Höhe von 2,55 Prozent erhoben wurde und damit 2024 wieder angewandt werden kann, entfällt der Vorteil einer Steuerstundung bei thesaurierenden ETFs.
Beachte aber, dass eine Steuerstundung nicht immer sinnvoll ist. In vielen Fällen ist es sogar besser, trotz Steuerlast Erträge zu realisieren. Denn ohne steuerliche Erträge kann der Sparerpauschbetrag von 1.000 Euro nicht ausgenutzt werden.
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Hast du noch Fragen zur Vorabpauschale oder allgemein zum Sparen mit ETFs? Unsere Experten beantworten Sie dir und helfen bei allen Anliegen rund um die Vermögensplanung. Nimm Kontakt auf!
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